Erfahrungsbericht:
 
Dozent am Botswana Polytechnic
 
eine Geschichte von Menschen, Verhandeln, Technik und Busch
 
Die Regierung von Botswana richtete ab 1986 Berufsschulen nach deutschem Vorbild ein und suchte in der Süddeutschen Zeitung nach Berufsschullehrern. Auch wenn ich dieses Anforderungsprofil nicht erfüllte - ein Kontakt kam doch zustande und mir wurde angeboten, für zunächst zwei Jahre am Botswana Polytechnic Elektrotechnik und Nachrichtentechnik für den Ingenieurstudiengang zu unterrichten. Bei der Ankunft in Botswana (1987) stellte sich dann nicht nur heraus, dass der Wohnungsmarkt praktisch leer gefegt war (fünf Monate lebten meine Frau und ich in einem Hotelzimmer). Es gab auch noch keinen Ingenieurstudiengang. Ich kam gerade recht, um die Baupläne für die elektro-technischen Labors zu überprüfen. Zwei Jahre später richtete ich sie dann sogar tatsächlich ein und bildete die Labortechniker aus. Die Zwischenzeit verbrachte ich zum einem mit Unterricht für Techniker, und Fortbildung des Lehrpersonals in Bezug auf Laborarbeit und PC. Zum anderen entwickelte ich zusammen mit Kollegen die Lehr- und Prüfungspläne für den Studiengang Electrical Engineering. Eine anspruchsvolle und auch anstrengende Teamleistung. Die Kollegen vom Polytechnic kamen aus 15 verschiedenen Nationen, hatten also entsprechend unterschiedliche Erfahrung mit Bildungssystemen und entsprechend unterschiedliche Vorstellungen von diesem Studiengang. Wenn wir uns geeinigt hatten, mussten wir unsere Vorschläge der Universität vorstellen. Das kam so: Weil es nämlich in Botswana kein Abitur gibt hatte die Regierung fest gelegt, dass die künftigen Ingenieurstudenten in der Regel erst zwei Physik-Semester an der Uni absolvieren. Erst danach sollten sie zu uns ans Polytechnic kommen, um bei uns nach sieben Studien- und zwei Praxissemestern die Abschlussprüfungen machen. Die Abschlüsse selbst sollten dann aber wieder von der Uni verleihen werden. Weil den Absolventen die Möglichkeit zu weitergehenden Studien im Ausland geboten werde sollte, hatten wir auch immer wieder Berater aus Schweden und vor allem aus Großbritannien bei uns, deren Vorstellungen und Ideen ebenfalls in die Lehr- und Prüfungsordnungen eingebaut werden mussten. Trotzdem, Anfang 1991 war es so weit: die ersten Ingenieurstudenten nahmen ihr Studium auf. Bis zu meiner Abreise im Sommer 1992 war ich noch der Course Manager Electrical Engineering Degree des Botswana Polytechnic und unterrichtete Grundlagen der Nachrichtentechnik und PC Grundlagen. Es war anstrengend. Die scheinbar endlosen Diskussionen und Verhandlungen waren zeitweise frustrierend und erschöpfend. Aber es war auch spannend und befriedigend. Nicht zuletzt machte mir auch das Unterrichten  viel Spaß. Und die vielfältigen Kontakte zu einheimischen Kollegen, Kollegen aus anderen Ländern, zu den Regierungsstellen in Botswana, zu Firmen in Botswana, Südafrika und Simbabwe, zur deutschen Botschaft und zur schwedischen Schule - sie waren nicht nur ein gutes Training für mein Englisch, sondern auch für Geduld und Einfühlungsvermögen. Warum meine Frau und ich trotzdem 1992 - nach fünf Jahren - die Koffer packten und nach Deutschland zurück kehrten, statt den Vertrag erneut zu verlängern? Die Erfahrung anderer deutscher Experten und Freunde zeigte uns: bei mehr als fünf Jahren in einer Tour in Afrika wächst das Risiko, dass man zu sehr "verbuscht und sich in Deutschland und im deutschen Arbeitsmarkt nicht mehr zurecht findet. Ein ständiges Leben in Afrika konnten wir uns aber auch nicht vorstellen...