Erfahrungsbericht: 
 
Ausbilder bei der 
Swaziland Telecommunications Corporation
 
 
Eine Geschichte in einem kleinen Land im südlichen Afrika, das neueste Technik hat, aber (noch) nicht das Personal dazu. Eine Geschichte von neuen persönlichen und beruflichen Erfahrungen (1983/84)
 
Meine ersten Auslands-Erfahrungen sammelte ich als "Lehrbub" - genannt "Associate Expert" - der Internationalen Fernmeldeunion (ITU). Das damalige Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen vermittelte mich an die Fernmeldeschule des Königreichs Swaziland. Das war 1983 bis 1984, und eine echte Herausforderung - fachlich und persönlich.
Swaziland ist etwa halb so groß wie Oberbayern ( => Karte). Einen Sonntagsausflug in die nördliche Landeshälfte, einen weiteren in die südliche Landeshälfte: das waren so ungefähr alle Möglichkeiten, um innerhalb des Landes der Hauptstadt Mbabane zu entkommen. Außerhalb des Landes gab es auch nur sehr beschränkte Möglichkeiten. Im Nordosten grenzt Swaziland an Mozambique. Dort herrschte damals Bürgerkriegs und damit war es für uns unzugänglich. Ansonsten grenzt Swaziland an die Republik Südafrika. Für einen Besuch in Südafrika - zum Beispiel in Johannisburg oder im Krüger Nationalpark - mussten wir jeweils ein Touristenvisum beantragen. Wir bekamen es alle drei Monate.

Beruflich lag die Herausforderung in zwei verschiedenen Hinsichten.
Zum einen bildete ich die Nachwuchskräfte aus, die frisch von der "Realschule" die Technikerlaufbahn einschlugen. Die Herausforderung bestand darin, dass ich keinerlei Unterrichtserfahrung besaß und Unterrichtunterlagen vorfand, die teilweise zehn Jahre vorher im Rahmen eines schwedischen Entwicklungshilfeprojektes entstanden waren. Mitte der 70-er Jahre waren maschinen-geschriebene "Matrizen" (wer kennt die heute, wo in jedem Büro Kopierer oder Scanner stehen, überhaupt noch?) Stand der Technik. Sie waren brav jedes Jahr benutzt worden, um sie in Spiritus-Umdruckern zu vervielfältigen. Improvisation und die eigene elektrische Schreibmaschine waren gefragt.
Die andere Herausforderung war eine menschliche. Ich hatte es mit jungen Menschen zu tun, die aus einer völlig anderen Kultur stammten als ich. Natürlich kamen sie aus "modernen" Schulen, in denen sie nach "modernen" Lehrplänen unterrichtet worden waren. Spätestens ab dem 5. Schuljahr nicht in ihrer Muttersprache, sondern in Englisch - die meisten konnten deshalb auch Englisch sehr viel besser als ich. Aber sie waren natürlich trotzdem geprägt von ihrer eigenen Kultur. Ihre Wertvorstellungen, ihr (Sozial-) Verhalten waren von ihrer überlieferten Stammeskultur geprägt. Von der hatte ich zunächst keinen blassen Schimmer, und selbst am Ende meines Aufenthaltes, nach gut einem Jahr, war der Schimmer nicht viel weniger blass. Gefragt waren Anpassungsfähigkeit, Toleranz und die Einsicht, dass eine andere Hautfarbe und eine andere Kultur nichts über die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft aussagen. Denn trotz aller Toleranz und Anpassungsfähigkeit von meiner Seite: die Anforderungen an die "students" genannten Azubi's waren hoch. Aber die Azubis waren auch sehr motiviert. Einer von ihnen - Petros Dlamini - bekam 1987 ein Stipendium der Bundesregierung und machte ein Jahr lang ein Praktikum bei der Deutschen Bundespost, vor allem am Fernmeldeamt Traunstein. Das hatte er in so guter Erinnerung, dass er 2001 für drei Monate nach Rosenheim kam, um für seine Diplom-Arbeit in Wirtschaftswissenschaften Material zu sammeln.